Pressemitteilungen
Uta Müller, Vorsitzende des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kultur Rede
zur Aktuellen Stunde der 67. Sitzung des Landtages Brandenburg,
"Hochschulen in Brandenburg - Aufgaben der Gegenwart,
Ziele für die Zukunft"
Potsdam, 18.12.2002
- es gilt das gesprochene Wort –
Anrede
Herr Präsident, meine Damen und Herren.
Hochschulen und Bildung im umfassenden Sinne genießen
hohen Stellenwert in der Brandenburger Politik. Nicht zuletzt wurde dies in der
Regierungserklärung unseres Ministerpräsidenten mehrfach hervorgehoben. Darin
betonte er erstens, „unser Land wird im 21. Jahrhundert ein Land von Bildung
und Weiterbildung sein müssen“ und stellte zweitens fest: „Modern ausgebildete
Hochschulabsolventen einerseits, an den praktischen Bedürfnissen der modernen
Wissensgesellschaft orientierte Forschungsarbeit andererseits, ergeben erst
zusammen diese Faktoren jenes Wertschöpfungspotenzials, das zu marktfähigen
Produkten und Dienstleistungen führt und damit zu zeitgemäßen Arbeitsplätzen“. Diese
Auffassung teilt auch die SPD-Fraktion, auf deren Initiative im letzten Jahr
der Landtagsantrag „Stabilisierung und Weiterentwicklung der Hochschulen im
Land Brandenburg“ zurückgeht. Darin wurden die Aufgaben der Gegenwart und die
Ziele für die Zukunft klar umrissen sowie ein jährlicher Bericht gefordert.
Die heutige aktuelle Stunde kann deshalb
eigentlich nur dazu dienen, angesichts der knappen Haushaltskasse und der
aktuellen Wirtschaftslage eindringlich an das hohe Haus zu appellieren, den
eingeschlagenen Kurs beizubehalten, nämlich langfristig zu planen und das Land
nicht durch Sparmaßnahmen und Einschnitte im Hochschulbereich um seine
geistigen Ressourcen zu bringen. Ich gehe davon aus, dass die geschätzten
Kollegen der CDU-Fraktion, die dieses Thema zum Jahresende auf die Tagesordnung
gebracht haben, damit eine Signalwirkung auslösen wollen. Das begrüße ich und
hoffe zugleich, dass das Interesse an diesem wichtigen Zukunftsbereich parteiübergreifend
ist und es unter uns Konsens ist, noch konsequenter die gesteckten Ziele im
Hochschulbereich anzugehen.
Was sind die Aufgaben der unmittelbaren Gegenwart und Ziele für die nahe Zukunft:
Die Einführung der leistungsorientierten Mittelzuweisung.
Das Konzept zur Literatur- und Medienversorgung.
Die Sicherstellung der Re-Investitionsmaßnahmen.
Die Erhöhung der Attraktivität der Hochschulen für brandenburgische, aber auch
für ausländische Studierende.
Die Verstärkung der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft.
Stärkere Orientierung am Sachverstand von Experten, zum Beispiel an den
Empfehlungen des Wissenschaftsrates.
Zu 1.: Einführung
der leistungsorientierten Mittelzuweisung
Was die Einführung der leistungsorientierten
Mittelzuweisung angeht, freue ich mich, dass es dem Wissenschaftsministerium gelungen
ist, einvernehmlich mit allen Brandenburger Hochschulen ein Modell der
leistungsorientierten Mittelzuweisung zu erarbeiten, das bereits mit dem
Haushalt 2004 eingeführt werden kann. Dennoch hätte ich mir gewünscht, dass wir
Parlamentarier während der Entstehung dieses Modells mehr Möglichkeiten zur
politischen Einflussnahme gehabt hätten, d. h. den Prozess aktiver hätten
bekleiden können, anstatt informiert zu werden.
Anrede
5 unserer Hochschulen arbeiten bereits mit globalisierten
Haushalten, die nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten aufgestellt werden.
Bestandteile dieser Haushalte sind u.a.: die Kosten- und Leistungsrechnung als
internes Steuerungsinstrument und eine Produkt und Leistungsbeschreibung. Wenn
die Hochschulen weiterhin konsequent den Weg der Output-Steuerung, der
dezentralen Ressourcenverantwortung, der internen Zielvereinbarungen und der
betriebswirtschaftlichen Buchführung gehen sollen, und damit geradezu
beispielgebend für die gesamte Landes- und Kommunalverwaltung sind, dann dürfen
wir als Haushaltsgesetzgeber künftige Globale Minderausgaben nicht mehr aus den
Rücklagen der Hochschulen abzweigen.
An dieser Stelle möchte ich noch einmal betonen, die
leistungsorientierte Mittelzuweisung an die Hochschulen ist keine Zauberformel,
die uns von der Pflicht entbindet, die Hochschulen mit einem angemessenen
Budget auszustatten. Ob wir dieser Verantwortung gerecht werden, das können wir
schon in den kommenden Monaten bei den anstehenden Haushaltsberatungen zeigen.
Zu 2.: Konzept zur Literatur- und Medienversorgung
„Konzept zur Literatur- und Medienversorgung“ bereits im Kabinett besprochen wurde.
Demnach sollen für das Jahr 2003 der Universität Potsdam, der BTU Cottbus und
der Hochschule für Film und Fernsehen einmalig zusätzlich bis zu 1,3 Mio. Euro
für ihre Bibliotheken bereitgestellt werden. Wenn ich dann aber höre, dass die
Mittel im Rahmen der Diskussion zum Nachtragshaushalt 2003 oder gegebenenfalls
durch Umschichtungen sichergestellt werden sollen, dann läuten bei mir die
Alarmglocken. Ich möchte noch darauf hinweisen, dass bei der Ausstattung der
Hochschulbibliotheken noch eine andere Dimension zu bewältigen ist. Wir
sind mitten in einer Medienrevolution. Die Veränderungen am Informationsmarkt,
die neuen Möglichkeiten des Publizierens und die multimediale Durchdringung von
Lehre und Studium sind Tatsachen, auf die die Hochschulen und in besonderem Maße
die Hochschulbibliotheken reagieren müssen. Vor diesem Hintergrund sind sie
gezwungen, ihre Dienstleistungs- und Servicekonzepte grundlegend zu überprüfen
und das System der Informationsversorgung generell zu überdenken. Auch dieses
ist nicht zum Nulltarif zu haben.
Zu 3.: Sicherstellung der Re-Investitionsmaßnahmen
In den nächsten Jahren werden die Hochschulen
umfangreiche Ersatzinvestitionen vornehmen müssen, da viele Geräte und manche
Grundausstattung in den Laboren nach über 10 Jahren Betrieb verbraucht und
veraltet sind. Zur Absicherung dieser Re-Investitionsmaßnahmen wurde keine
Vorsorge getroffen. Ich verbessere mich: wurde von uns, dem
Haushaltsgesetzgeber, keine Vorsorge getroffen. Uns liegt diesbezüglich ein
Antrag der PDS vor, in dem eine Konzeption zur Sicherung der Ersatzinvestitionen
gefordert wird. Eine Konzeption, meine Damen und Herren, brauchen wir nicht, wir
müssen nur schlicht und ergreifend die nötigen Finanzmittel in den Haushalt einstellen.
Die anstehenden Haushaltsberatungen im Ausschuss bieten beste Gelegenheit uns
über die erforderlichen Mittel zu verständigen und hoffentlich einvernehmlich
eine Prioritätenliste zu erstellen. Deswegen werden wir den Antrag der PDS
ablehnen, obwohl es inhaltlich große Übereinstimmung gibt. Eine Konzeption der
Landesregierung abzuwarten kosten zu viel Zeit.
Zu 4.: Erhöhung der Attraktivität der Hochschulen für Brandenburger, aber auch für
ausländische Studierende
Zur Attraktivität von Hochschulen zählen gut ausgebildete
Hochschulabsolventen und kurze Studienzeiten. Und ich verrate ihnen kein
Geheimnis wenn ich hier feststelle, dass es dazu entsprechender
Studienbedingungen bedarf. Überfüllte Seminare und lange Wartelisten für
Laborplätze beschleunigen kein Studium. Auch dieser Tatsache müssen wir uns
stellen.
Erfreulich ist, dass derzeit jeder 8. Studierende in
Brandenburg ausländischer Staatsbürger ist. Entsprechend der internationalen
Ausrichtung ist der Anteil ausländischer Studierender an der Europauniversität
Viadrina mit 42,5 % nach wie vor am höchsten, doch auch an der BTU Cottbus ist
zur Zeit jeder 4. Studierende ein Ausländer. Wie wichtig ausländische
Studierende für Brandenburg sind, wird sich erst in einigen Jahren zeigen, wenn
wir durch sie wirtschaftliche Beziehungen mit anderen Ländern vertiefen können.
Solche positiven Effekte sind uns bereits aus den 60er Jahren bekannt.
Zu 5.: Verstärkung der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft
Die Wissenschaftspolitiker der SPD-Fraktion stehen
in regelmäßigem Informationsaustausch mit Vertretern der Transferstellen der
Hochschulen und mit der ZAB. Eine erste Erkenntnis ist, dass Hochschulen
verstärkt als Dienstleister für KmU auftreten müssen und dass, um diesen
Prozess zu verstärken, Politik die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen
muss. Mein Kollege Manfred Sternnagel wird sich ausführlicher zum Thema
Hochschulforschung und Technologietransfer äußern.
Zu 6.: Stärkere Orientierung am Sachverstand von Experten
Im bereits erwähnten Landtagsantrag
„Stabilisierung und Weiterentwicklung der Hochschulen im Land Brandenburg“ wird
im Punkt 4. a) die Landesregierung aufgefordert, die Fachhochschulen stärker zu
entwickeln. Jetzt müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass nur 30,3 Prozent der
Studierenden an den Fachhochschulen eingeschrieben sind und dieser Anteil
gegenüber dem vergangenen Wintersemester zurückgegangen ist. Der
Wissenschaftsrat hatte bekanntlich empfohlen, den Anteil der Studierenden an
Fachhochschulen auf 40 Prozent zu erhöhen, weil ein praxis- und
anwendungsorientiertes Fachhochschulstudium für die Studierenden und den Steuerzahler
eine zeit- und kostengünstige Alternative zu einem wissenschaftlichem Universitätsstudium
der zu einer betrieblichen Berufsausbildung darstellt. Vielen Studierwilligen
ist immer noch nicht klar, welche sicheren Berufschancen sich aus einem erfolgreich
abgeschlossenes Fachhochschulstudium ergeben. Dieses Informationsdefizit muss
ausgeglichen werden.
Einen 2. Grund für die zurückhaltende Annahme
eines Fachhochschul-Studiums sehe ich in der zur Zeit geringeren Wertigkeit des
Abschlusses. Solange ein Fachhochschul-Diplom oder ein Fachhochschul-Master als
Abschluss zweiter Klasse gelten und beispielsweise nicht den Zugang zum höheren
Dienst ermöglichen, dürfen wir uns nicht wundern, wenn junge Menschen das
längere Universitätsstudium vorziehen, sich quasi auf Forscherkarrieren
vorbereitet, obwohl sie eigentlich nur eine möglichst praxisnahe aber gehobene
Berufsausbildung wünschen, was die Fachhochschulen anbieten.
Anrede
Die innere Reform der Hochschulen ist im vollen Gange, die
Hochschulen brauchen Planungssicherheit um diese Reformen erfolgreich weiterführen
zu können. Geben wir ihnen die Chance und damit
unserem Land.
|