Pressemitteilungen
Potsdam, 10.12.2003
SPD-Landtagsfraktion Brandenburg
Uta Müller, Vorsitzende des Ausschusses Wissenschaft, Forschung und Kultur
Rede zum Haushaltsgesetz 2004, EP 06 / Wissenschaft und Forschung
- es gilt das gesprochene Wort –
Herr Präsident, meine Damen und Herren.
Alle meine Vorredner haben sich bereits grundsätzlich zum Haushalt geäußert, sodass ich
mir das Grundsätzliche bis auf eine Bemerkung ersparen kann. Wie in den
vergangenen Haushaltsberatungen haben wir uns auch dieses Mal wieder an der
Quadratur des Kreises versucht. Bisher haben wir so zirkuliert, dass der
Eindruck entstehen konnte, es geht doch. Inzwischen stehen wir aber vor der
Frage, ob wir uns alles Wünschenswerte und Schöne ohne schwerwiegende Folgen
für nachfolgende Generationen leisten können. In den vergangenen Wochen
erreichte uns eine Flut von Protestbriefen, täglich wurden neue Forderungen
gestellt nach Förderung von Projekten, oft ohne dass die Bereitschaft erkennbar
war, die Wirksamkeit der ausgereichten Mittel prüfen zu lassen. Es ist an der
Zeit, alle Wohltaten, die wir uns leisten, nach ihrem Nutzen zu hinterfragen
und wirkliche Prioritäten zu setzen. Das ist für die Zukunft unseres Landes
unverzichtbar. Verantwortungsvolle Politik muss ihren Schwerpunkt auf die
Entwicklung der Wissensgesellschaft legen. Die Berliner Hochschulsituation
zeigt, dass dies leichter gesagt als getan ist. Der Unmut der Studierenden
gegen Kürzungen im Hochschulbereich, der sich in Streiks und Aktionswochen
niederschlägt, ist verständlich. Ich habe jedenfalls noch keine Stimme gehört
die öffentlich gesagt hätte, die Studierendenproteste seien berechtigt. Dass die Proteste der
Studierenden noch nicht nach Brandenburg übergeschwappt sind liegt daran, dass
die Studienbedingungen an unseren Hochschulen noch relativ gut sind. So bleibt
es eine unserer Hauptaufgaben, weiterhin gute Studienbedingungen in Brandenburg
zu ermöglichen, wobei die unterschiedliche Leistungskraft unserer Hochschulen
zu berücksichtigen ist.
Mit dem vorliegenden Haushalt 2004 ist es uns gelungen,
trotz Konsolidierungskurs des Landes, nicht nur weitere Einschnitte im Wissenschaftsbereich
zu vermeiden, sondern den Etat sogar leicht zu erhöhen. Dabei müssen wir der
Gefahr ins Auge sehen, dass manche unserer Hochschulen in Richtung Massenuniversität
abdriften können. Bereits zum Wintersemester 2003/2004 wurden Brandenburgs
Hochschulen mit Studienplatzbewerbern aus Berlin förmlich überschwemmt. Die Universität Potsdam, die ursprünglich für 8.000 Studierende ausgelegt
war, muss inzwischen über 16.000 Studierende zu einem qualifizierten Abschluss
führen. Hier muss sich unser Wissenschaftsministerium fragen lassen, warum die
Kooperation und Abstimmung mit Berlin zum Hochschul- und Wissenschaftsbereich nicht
funktioniert? So bedauern wir auch die geplante Schließung der
landwirtschaftlichen Fakultät der Humbolt-Universität. Die negativen Auswirkungen
auf Brandenburg, insbesondere auf die Arbeit des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung in Potsdam-Rehbrücke
oder auf das Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie
in Golm, das sich mit pflanzlicher
Genomforschung beschäftigt, werden wir sehr bald zu spüren bekommen. In der
Vergangenheit ist es uns schon einmal gelungen, die Schließung der
landwirtschaftlich-gärtnerischen Fakultät zu verhindern. Schließlich ist Brandenburg
zu weiten Teilen ein Agrarland und hat große Forschungspotenziale auf den Gebieten
nachwachsender Rohstoffe, Pflanzenphysiologie,
grüne Gentechnik und Bioinformatik, die es weiter zu entwickeln gilt.
Ab dem kommenden Jahr werden alle
Brandenburger Hochschulen mit Globalhaushalten arbeiten. Dies ist sehr positiv
zu bewerten, besonders weil es im geplanten Zeitrahmen umgesetzt werden konnte.
Hochschulen werden nun nach betriebswirtschaftlichen
Gesichtspunkten arbeiten. Ab 2004 greift die leistungsorientierte
Mittelvergabe an die Hochschulen, dazu hat Frau Ministerin Wanka schon mehrfach
im Plenum gesprochen. Man darf gespannt sein, inwieweit die
leistungsorientierte Mittelvergabe sich zu einem effektiven Steuerungsinstrument
entwickelt wird. Um die innere Reform der
Hochschulen voran zu bringen erwarten wir von den Einrichtungen die weitere
Profilierung, die konsequente Modularisierung der Studienangebote und die
Einführung von neuen Bachelor- und Masterstudiengängen. Dies gilt insbesondere
auch für den Bereich der Lehrerbildung an der Universität Potsdam.
Zum
Kulturhaushalt. Knapp 75 Mio. € stehen im Einzelplan 06 für die Kultur zur Verfügung,
das sind 0,76 % des Landeshaushalts. An dieser Zahl wird vielleicht am ehesten
deutlich, dass wir uns im Kulturbereich vom Wunschdenken verabschiedet haben.
Deshalb ist es besonders wichtig, dass man klare Strukturen schafft, die der
finanziellen Leistungskraft des Landes angemessen sind und einen effektiven Mitteleinsatz
ermöglichen. Dies trifft besonders auf die Theater- und Orchester zu die im
Verbund der Städte Frankfurt, Brandenburg und Potsdam das gesamte Land mit einem
qualitativ hochwertigen Kulturangebot versorgen sollen. Die Entwicklung im
Theater und Orchesterbereich erfordert eine konsequente und straffe Ausrichtung
an den Zielen des Landes, sowie klare Absprachen und Strukturen. Damit können egoistische
Alleingänge, deren Korrektur viel Zeit und Geld kostet, verhindert werden. Eine
Analyse des Kulturministeriums hat ergeben, dass die Theater in Brandenburg
relativ gut ausgelastet sind und ihre Produktionen auch auf fremden Bühnen im angemessenen
Umfang zur Aufführung bringen. Ergänzt werden die Stadt- und das Staatstheater
durch eine Reihe künstlerisch hochwertiger und absolut förderwürdigen freier
Theaterensembles, die landesweit bis zu einem Drittel des Publikums auf sich
ziehen. Dagegen gibt es ein gravierendes Überangebot an Orchestern, die sich gegenseitig
die Auftrittsmöglichkeiten streitig machen und auch deshalb unwirtschaftlich
arbeiten. Die im Orchesterbereich nötigen Veränderungen dürfen nicht länger hinausgezögert
werden. Dabei appelliere ich ausdrücklich an alle Beteiligten hier vernünftige
Lösungen zu schaffen und ich hoffe sehr, dass wir bis zum Ende dieser Legislaturperiode
zu Ergebnissen kommen.
Zum
Schluss möchte ich noch auf den Antrag Drucksache 3/6752 des Ausschusses für
Wissenschaft, Forschung und Kultur hinweisen. Es geht um die Entsperrung der
Mittel für die sorbische Kultur. Inzwischen sind wohl die Irritationen und
Abstimmungsprobleme ausgeräumt und ich möchte sie bitten, dem Antrag
zuzustimmen.
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